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Dienstag, 25. August 2015

Ein Streich und ein verlängertes Wochenende in Kaule



Eigentlich wollten Miriam nur übers Wochenende nach Kaule fahren, um die neue Volontärin Lisa einzuweisen und dafür zu sorgen, dass ein kleines provisorisches Häuslein gebaut wird, damit Lisa nicht die ganze Zeit im Zelt schlafen muss. Dann hat uns aber das fantastische Streiksystem Nepals einen Strich durch die Rechnung gemacht, und wir mussten dann doch bis heute bleiben…
Für alle, die noch nicht in Nepal waren und sich jetzt fragen, was ein Streik damit zu tun hat, dass wir länger in Kaule bleiben mussten: In Nepal ist der Streik (Bandha) das Mittel der Wahl um politische Ziele durchzusetzen, wenn das auf dem „normalen“ Weg nicht klappt. Dann wird einfach mal für eine beliebige Anzahl von Tagen das ganze Land stillgelegt, Autos und Busse dürfen nicht fahren und werden angehalten (und wenn sie sich darüber hinwegsetzen auch gerne mal angezündet) und alles steht still. In Kathmandu wird an solchen Tagen auf der Ringroad Fußball gespielt und das Leben ist einfach langsamer, aber wenn man versucht den wirtschaftlichen Verlust der dem Land jedes Mal zugefügt wird zu beziffern kommt man schnell auf unglaubliche Ziffern. Im Moment geht es um die Verfassung, die ist ja in einem unglaublichen Tempo nach dem Erdbeben durchgepeitscht worden. Die Zyniker unter uns haben von Anfang an gesagt, dass das so passiert ist in der Hoffnung dass alle Nepalis gerade mehr damit beschäftigt sind, dass ihnen das Haus über dem Kopf zusammengestürzt ist als mit Feinheiten der Verfassung und dass somit auch kontroverse Punkte unbemerkt hinein gemogelt werden könnten. Und genau das ist passiert, und so langsam fällt das allen auf. Frauenrechte, Sekularismus, Rechte von Minderheiten, in der neuen Verfassung ist in all diesen Bereichen ein riesen Rückschritt getan worden und das wird natürlich nicht akzeptiert. Der Aspekt über den jetzt die Wellen hochschlagen ist jedoch weiterhin die Einteilung in administrative Einheiten. Einige Gruppen möchten diese nach Ethnien ziehen, andere nach geographischen Bedingen und so weiter. Wenn man es ganz simpel fasst ist das schon der Grund gewesen, warum es vor Jahren zum Bürgerkrieg kam, und es gibt immer noch keine Lösung für das Problem. Gestern kam es zu Zusammenstößen um Süden des Landes zwischen der Polizei und Demonstranten bei denen es auch Tote gab, und die Lage insgesamt ist ziemlich angespannt. So tragisch diese Situation für Nepal und die Nepalis aber auch ist, um uns müsst ihr uns keine Sorgen machen. Touristen oder Ausländer werden komplett aus allen Konflikten rausgehalten und für uns besteht keinerlei Gefahr! Miriam freut sich sogar immer, wenn es einen „Streich“ gibt (ihr Wort für Streik…), weil sie dann nicht in die Schule muss… 

Miriam liegt zu Tische...
Unser Zeltlager
Auch in Kaule merkt man nicht viel von den Spannungen im Land, und wir hatten fünf sehr schöne Tage weg von der Stadt. Kathmandu kann einem schon ganz schön auf den Senkel gehen, der Staub, der Matsch, der Lärm… Wir es in Kaule einfach genossen, den ganzen Tag draußen zu sein, nur Vögel und manchmal einen Bus zu hören und nicht die ganze Zeit zu schwitzen. In den fünf Tagen haben wir dann einen sehr gemütlichen Wellblechverschlag gebaut (bzw. den Bau überwacht :-)) und einen halben Urwald abgeholzt bzw. ausgerissen. Der Garten des Demozentrums sah nach vier Monaten ohne Pflege sehr wild aus und wir mussten erst mal die Wege wieder freirupfen. 



Fleißige Arbeiter...

Nepalesische Arbeitsteilung - einer macht was, fünf Leute gucken zu


Am Samstag hatte ich dann einen Marathonmeetingtag, zuerst unsere Landwirte, dann der Jugendklub und schließlich noch eine Frauenorganisation. Da keine lokale Organisation mehr Büroräume hat und auch ein Jugendklub fehlt, planen wir ein Gemeindezentrum mit Büroraum für alle, Lernort, Spielplatz, Klassenzimmer usw. Das ist ein sehr großes Projekt, aber es stößt auf sehr große Begeisterung und die Planung macht schon großen Spaß.

Mein Versuch, zu erklären wie Erdbeben entstehen...
Super Aussicht auf den Himalaya...
Miriam hat Furba besucht und sich sehr gefreut und auch unser Hund Bella war total aus dem Häuschen, weil wir endlich wieder da waren und etwas Leben im Büro herrscht. Von jetzt an haben wir auch wieder regelmäßiger Volontäre, so dass alles wieder zu einer Form von Normalität zurückfindet. Natürlich hat es viel geregnet und die Sicht war ca. 20m, aber es war trotzdem eine schöne Abwechslung von Kathmandu und Miriam wollte am liebsten gar nicht wieder zurück fahren. Jetzt hat sie ihre ersten Zwischenprüfungen in der Schule, und da waren einige Tagen Spielen im Schlamm eine willkommene Abwechslung. 

Unser neues Zuhause in Kaule. Sehr gemütlich :-)
Lecker Nudeln
Miriam kocht Drecksuppe die Zauberkräfte verleiht. Vielleicht sollte ich doch mal probieren...
Keiner rockt einen Regenschirm wie Miriam. Und wenn dieses Outfit nicht stylisch ist, dann weiß ich es auch nicht mehr!

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